Elsa Thiemann
Ihre Bilder sind uns ein
Rätsel. Elsa Thiemann spielt
in ihren Fotografien bewusst mit der Perspektive.
So
verfremdet sie etwa Früchte, Blütenstängel oder
auch einfache Alltags-Objekte. Anfangs
kreiert Elsa
Rätselbilder für Zeitschriften. Dabei reduziert sie den
Bildausschnitt und betont so die Oberflächenstruktur
des Motivs. Die
Bauhaus-Schülerin wird in ihrem
künstlerischen Schaffen stark von Zeitströmungen
wie der Neuen Sachlichkeit und dem Neuen Sehen
geprägt. Elsa Thiemann, geborene Franke, gehörte
von 1929-1931 am Bauhaus in Dessau der unter dem
neuen Direktor Hannes Meyer eben gerade frisch
gegründeten Meisterklasse von Walter Peterhans
an, aus der später so bekannte Namen wie der von
Ellen Auerbach und Grete Stern, beide tätig unter
dem Label ringl + pit, und Hannes Neuner hervor-
gehen.
Vor allem ihre Detailstudien überzeugen
durch kühne
Komposition. Profane Objekte wie Kekse, Rotkohl
oder ein Stapel
Holz wirken magisch fremd. Gleich-
wohl wahrt Elsa Thiemann in ihren Fotografien immer
eine gewisse Distanz zwischen ihrer Person und dem
gewählten Motiv, die zu spüren ist.
Das betrifft sowohl
frühe Berliner Milieustudien als auch ihre
Reklamefoto-
grafien. Bei den Abbildungen von Handwerkskünstlern
liegt der Fokus selten auf der Beziehung zwischen Foto-
grafin und Motiv. Nur der Künstler
und sein Werk sollen
sprechen.
Elsa Thiemann arbeitet zunächst
mit Fotogrammen,
bevor sie sich verstärkt dem Porträt widmet.
Vor
der Kamera steht oft Hans Thiemann oder auch
sie selbst. Unbestritten ist wohl
der Einfluss ihres
Bauhaus-Lehrers Walter Peterhans auf ihren Werde-
gang. Von
ihm lernt sie alle Grundlagen der Foto-
grafie, der Fotoentwicklung und der Bildkomposition.
Während viele Bauhaus-Künstler heute weltweit
geschätzt sind, blieb Elsa
Thiemanns Werk lange
Zeit noch relativ unentdeckt. Das sollte sich erst spät
ändern.
Geboren am 7. Februar 1910 in
Westpreussen,
wächst Elsa Thiemann als Tochter einer bürgerlichen
Familie auf.
1921 ziehen sie nach Berlin-Neukölln,
wo Elsa Thiemann das Städtische Lyzeum II
besucht.
Dort ist sie fasziniert von der künstlerischen Arbeit
ihrer
Zeichenlehrerin Margarete Kubicka und ist sich
sicher: auch sie möchte später den
Künstlerberuf
ausüben. Also besucht sie die Kunstgewerbe-
und
Handwerksschule in Berlin-Charlottenburg und im
Anschluss die Staatsschule für Freie und Angewandte
Kunst.
Von 1929 bis 1931 studiert sie am Bauhaus
Dessau. Zu ihren Lehrern zählen Josef
Albers, Joost
Schmidt und Walter Peterhans. Sie nimmt außerdem
am Malunterricht bei Wassily Kandinsky und Paul Klee
teil.
1930 lernt sie ihren Ehemann
Hans Thiemann kennen,
der am Bauhaus Malerei bei Klee studiert. 1931 erhält sie
ihr
Diplom Nr. 59 und kehrt nach Berlin zurück. Dort arbei-
tet Elsa Thiemann zunächst frei als Fotojournalistin
für die Feuilletonseiten von Zeitungen. 1944 nimmt
sie
die Position als Redaktionssekretärin beim Verlag
Hoffmann und Campe an. Zwei Jahre später heiratet
sie Hans Thiemann. 1960 ziehen sie gemeinsam nach
Hamburg, da ihrem Mann an der dortigen Hochschule für
Bildende Künste eine Stelle als Professor angeboten
wird. Mit dem Umzug legt Elsa Thiemann auch
ihren
Beruf als Fotografin nieder. Im November 1981 stirbt
sie in Hamburg.