KÜKENWEITWURF AM BOWLING GREEN
"Wo die Verwaltung rockt, da stirbt das Tier"
Ein Erlebnisbericht als Glosse
Roger Ballen & Paul Almasy
[Nachtrag zur Werkschau im Jahr 2025]
Aktualisiert: Wiesbaden, den 17.11.2025.
These: Wo die Verwaltung rockt, da stirbt das
Tier.
In einem Dialog wurden zweierlei Bildsprachen
- die eine von Paul Almasy aus dem Lebenswerk
des berühmten Ungarn und Großmeisters der Foto-
reportage im 20. Jahrhundert, die andere von Ro-
ger Ballen aus dem stets bizarren Kammerspiel
seines Schaffens - zum Status und Topos der Tier-
heit in der Welt befragt und untersucht. Informa-
tion und Bericht versus Inszenierung und Magie. Die
Kluft könnte kaum größer sein: "Gott ist die Seele
der Tiere" - nicht aber die der Menschen. Letztere
trieb der mit dem dem Sündenfall aus dem Paradies.
Wie anders die Tiere, die seit anhin im Garten Eden
weilen. Mit der Sintflut sann er sogar auf Erden da-
nach, alle Kreatur der Genesis in der Arche Noah zu
retten.
Die Tierheit erlebt den Menschen allemal als Jäger,
Hetzer, Stalker, Treiber. Meist ist jener unheilvoll
für die Tiere. Nur selten zuvor aber sind Menschen
jemals derart 'irrig-toll' in Grobheit, Ignoranz, Roh-
heit, Stumpfheit und Ungerührtheit verfallen. Das
Fehlen eigener Wahrnehmung, oft an das iPhone de-
legiert, stellt so jeden von Verantwortung frei. Tier-
quälerei heute braucht mithin längst keinen Grund
mehr. In einer rein technoiden Gesellschaft, die we-
der Ethik noch Glauben noch Kultur wertschätzt, ist
Automation und Digitalität längst auf dem Weg dahin
zu einem Treiber zu werden, in dem das Leben zum
Störfaktor gerät. Politiker sollten ihre Schritte 'wohl'
wägen. Massenhaft und systematisch stolze Nilgänse
als Lebewesen, die empfinden und fühlen, ohne Not
zur Tötung freizugeben, das wird ein Dammbruch
sein. Wo ist da Augenmaß? Erst das Tier, dann der
Mensch.
Der Ortsbeirat Mitte gibt sich empört. Im Chor von
Grün und Rot bis Schwarz stimmt man da Jagdruf an
- mit der Lizenz zum Töten. Die Nilgans,alopochen
aegyptiaca, mache sich "breit". Unfug. Die Stadt am
Rhein, gelegen zwischen Rheingau und Taunus, zumal
mitten im Zulauf all der vielen Bäche und der heißen
Quellen zieht natürlich Wasservögel an. Wiesbaden
sollte stolz auf seine Bewohner sein. Immerhin sind
diese gar Botschafter des obersten Sonnengottes Ra.
In der Mythologie Ägyptens nehmen sie eine zentrale
Rolle ein. Sie werden als heilig verehrt. Dabei sind
sie ebenso elegant wie gesellig - und stets für eine
kurze Plauderei auf Augenhöhe zu haben. Arglos, ja
freudig nehmen sie zu uns Kontakt auf. ‘Dreck‘ ma-
chen die Neozoen nicht. Ihr Kot düngt nun natürlich.
Auch Federn auf der Wiese während der Mauser der
Tiere stellen nicht wirklich ein Problem dar, sondern
sind auch nur natürlich ein Schmuck, den so mancher
sammelt. Man sollte im Beirat und Behörden besser
den schrillen Ton dämpfen und die Tonlage ändern.
Berge von Dreck sowie Fäkalien und Tonnen von Müll
lassen Tag für Tag bei den Events nur die Menschen
zurück. Deren 'Hinterlassenschaften' sind mitunter
hochgiftig oder, wie nur bei Fleischfressern üblich,
infektiös.
Events hat Hessens Festspiel-Kapitale Wiesbaden
genug - bei etwa 20.000 im Jahr. Ein Großteil geht
da auf das Konto TriWiCon GmbH als Eigenbetrieb
der Stadt. Keine Hebebühne ist hoch genug, kein
Schwerlastkran stark genug, um immer größere
Giga-Events wie die wohl kaum "nachhaltige" Eis-
bahn bei lauen 14 Grad Celsius Außentemperatur
zu frosten. Die Gaudi geht auf Kosten von Natur
und Umwelt. Getoppt wird der meist für wenige
Tage verbaute Irrsinn von Event-Agenturen wie
WEC, die mit dem Motto 'Alles ist möglich' Natur
und Umwelt im Land im Turnus mit Füssen tritt.
Dabei wird Tierschutz beim Aufbau meist igno-
riert. Eine Gänse-Familie etwa, die ihre Küken
just am Bassin vom Springbrunnen vor dem Kur-
haus aufzog, musste glatt weichen. Die kleinen
Pieper kamen da am 29. Oktober 2025 auf die
Welt. Problem: Küken brauchen stete Wasser-
nähe zum Überleben - als Fluchtort auch we-
gen der Fressfeinde wie Busshard, Eule, Ha-
bicht, Krähe, Komoran, Marder, Reiher, Wald-
kauz.
Mit Getöse, Lärm am Bau, wurde Vergrämung
versucht. Umtragen und Begleitung wäre rich-
tig gewesen. Dazu bedarf es einiger Erfahrung.
Das Angebot zur Rettung wurde offiziell unter-
breitet an die Veranstalter. Man hielt sich be-
deckt. Am 6. November wurde dem Autor bei
Begehung Auftrag zur Rettung erteilt und ge-
stattet, dass er sich auf der Baustelle umtun
möge.
Zuerst ließen Arbeiter von WEC das Wasser ab.
Die Tiere wichen nicht, weil sie nicht weichen
konnten. Das lag nun daran, dass Küken [noch]
keine Flügel haben. Eine Gänseleiter, die das
Verlassen erlaubt hätte, hatte man, später, so
angestellt, dass sie auf der obersten Stufe am
Beckenrand in eine 500 Watt-Lautsprecherbox
endete, sodass die kleinen Küken vom Schall-
druck entsetzt zurück wichen. Einer aus dem
Team dazu: "Die Küken finden Rockmusik rich-
tig toll und tanzen wie verrückt danach." Of-
fenbar "rockt" in Wiesbaden nicht nur die Ver-
waltung. Zu dieser Zeit waren die Wildvögel,
adulte Gänse wie Küken bereits völlig ausge-
zehrt, zumal sie ja das Bassin wegen steter
Hetzerei und Unruhe auf der Baustelle und
wegen Angriffen von Krähen nicht verlassen
konnten. Eine Treibjagd der Wildtiere haben
Bürger beobachtet und gefilmt: Die Küken
wurden 2-3 Meter durch die Luft geworfen.
Das Merkmal Rohheit könnte tatbestandlich
dabei vielfach erfüllt sein, § 17 Nr. 2 a) Tier-
SchG.
Ob scheue Wildgänse Lärm mögen? Nun. Die
Gänse hat man noch nach der Dämmerung ge-
gejagt, sodass die arme Familie in Panik in den
aufgebockten Zwischenboden der überbauten
Eisbahn floh. Am Vortag schon hatte das Team
die scheuen Küken samt Eltern mit Besen und
Schrubber und Käscher, was Bürger der Stadt
entsetzt registrierten, bis zur völligen Erschöp-
fung quer durch das letzte Bassin zur Wilhelm-
straße gehetzt. Bald probierte einer in Gummi-
hosen es mit Nachstellen und einer Fenix Licht-
kanone mit 3000 Lumen jene mit aller Gewalt
zurück durch den Unterboden zu treiben. Alle
Mahnung zu einem "Locken in Sanftmut" blieb
ungehört. Sogar mit Ausrottung durch Befüllen
des Bassins - also Ertränken - oder durch Verei-
sung mittels Glycolrohrleitung oder unentrinn-
bares Einsperren im Zwischenboden hat man
gedroht. Doch wem wurde gedroht? Die Erfül-
lungsgehilfen haben den Notrettern gedroht,
die ihre Hilfe zur Begleitung anboten. Was soll
das?
Die Tiere wurden also vom Autor und einer
mutigen Helferin am nächsten Morgen in Not-
hilfe in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr ge-
borgen - und in den Kurpark begleitet, wo sie
am Ostufer Quartier bezogen und da überlebt
haben. Mit ihrer beherzten Rettung halfen die
Notretter nicht zuletzt auch den Erfüllungsge-
hilfen der WEC zum zügigen Fertigstellen der
Baustelle. Just im Moment sicherer Rettung
erteilten Mitarbeiter aus dem Team von WEC
den altruistisch handelnden Notrettern Haus-
verbot.
Dabei hatten die Notretter zu keinem Augen-
blick und auch mit keinem Fuss die Baustelle
betreten.
Das ist nun kaum Dankbarkeit, die ein Gänse-
freund zu schätzen weiß. Der Notretter soll
mundtot gemacht werden? Auch das nicht an-
gemessen! Zumal hier ein Hausverbot erteilt
wurde, das sich in der öffentlich-rechtlichen
Ausrichtung der Veranstaltung, mithin an alle
Bürger richtet, somit am Gleichheitsgebot zu
messen hat. Delikat wird das Hausverbot da-
mit, dass es sich gegen einen Bürger der Lan-
deshauptstadt Wiesbaden wendet, der den Zu-
schuss in Höhe von 175.000 Euro an die WEC
GmbH, den die Stadt mit Widmung bewilligt
hat, als Steuerbürger und Steuerzahler im-
merhin in der Umlage seiner Steuerlast mit-
trägt.
Wir empfehlen mithin die Prüfung voreiliger
Verfügung. Das sollte ein Mitveranstalter
tun, bevor er als Stadt eine Veranstaltung
mit Steuergeld stützt, die wie Wiesbaden On
Ice mit Zuschuss per Hausverbot Bürger als
Persona non grata quasi rechtlos stellt, nur
weil Tierschützer dienstbar just das taten,
was die Betreiber der Baustelle hätten tun
müsssen, aber eben nicht auf die Reihe be-
kamen, nämlich die fürsorgliche und vor-
sorgliche Rettung der Wildtiere vor Baube-
ginn. Den Betreiber der Baustelle trifft da
eine Sorgfaltspflicht und Obhutspflicht, da
nur ihm die Überwachung der Baustelle ob-
liegt. Gefahrenabwehr umfasst im Grund-
satz Tiere, wie das OLG Naumburg 2018 ur-
teilt.
Dafür waren aber die Leute vom Team
WEC nicht in der Lage oder schlicht zu
roh. Wer nun allen Ernstes jene Notretter
vorsorglich während des Betriebs mit Haus-
verbot belegt, als ob eine Gefahr von ihnen
ausginge, der hat wohl nicht alle Tassen im
Schrank. Man muss das so deutlich sagen,
weil Verkennung immer ein Problem auftut
Wir weisen das somit zurück. Erstens ist ei-
Baustelle rechtlich wegen der Haftung an-
ders zu bewerten als etwa die Betriebsstät-
te; zweitens ist für letztere die Icemotion
Sportförderungs gGmbH verantwortlich, der
hier derselbe Geschäftsführer, Kai Walter
eben, vorsteht. Nun sagt uns das g vor der
GmbH, das diese glatt gemeinnützig ist,
also steuerbegünstigt. Damit gleitet die
Konstruktion von WEC GmbH glattweg
zur Icemotion Sportförderungs gGmbH
bald eisig in eine Problemlage, weshalb
es zu begrüßen ist, wenn das Hausverbot
vor Gericht geprüft wird. Also, Herr Wal-
ter, nur zu: Gern werden wir bei Balthasar
Rees am Weinstand etwas geniessen. Und
zu gern begeben wir uns als Sportler auf
Glatteis.
Unser Dank gebührt nicht dem Geschäfts-
führer der Walter Events Consulting GmbH
[WEC firmiert in Ortenberg bei Darmstadt],
der jedenfalls in Person von Kai Walter im
Grundsatz das Verhalten seiner Erfüllungs-
hilfen rechtlich zu vertreten hat, § 278 BGB
in Verbindung mit § 1 und § 17 Nr. 2 a) Tier-
SchG. Der Grundverweis regelt klipp + klar:
Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen
Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zu-
fügen. § 17 normiert das Merkmal der "Roh-
heit" und die Rechtsfolge jeweils nach Tat-
erfolg.
Im Fall hier wurden Schmerzen und Leiden
zugefügt. Als Personen, die in Walters Pflich-
tenkreis tätig sind, kommen konkret einige
Projektmanager und Assistentin im Team in
Betracht. Wir verlangen nun als Dankeschön
für die geglückte Notrettung der Wildvögel
und deren zügige Umsiedlung in den Kurpark,
die allein im wirtschaftlichen Interesse der
WEC GmbH [und der 5 Tiere natürlich] liegt,
Ersatz der Aufwendungen, die der Beauftrag-
te zur Rettung für erforderlich halten durfte,
die wir der Feuerwehr für deren Einsatz spen-
den. Wir raten, den Feuerwehreinsatz zu be-
zahlen, zumal der wegen des WEC-Hausverbo-
tes in Verkennung der Rechtslage erforderlich
war. Sonst wäre die Nothilfe-Rettung nicht ge-
glückt.
Kein Technik-Aufwand ist dem Veranstalter zu
hoch. Selbst ganze Straßenzüge voll mit 62 Sat-
tel-Schleppern in Überlänge reichen nicht mehr
aus, um diese Flut von Mammut-Festen noch zu
stemmen. Das bindet die Verwaltung alsbald im
Übermaß. Allein ein Event wie das "Theatrium"
[Wilhelmstraßenfest] lockt 250.000 Besucher an
drei Tagen in die einstige Kurstadt. Da tobt das
größte deutsche Straßenfest im Grünen. Dabei
wird noch der letzte Meter öffentlicher "Natur"
am Warmen Damm und am Kurpark vermietet -
und alle Wiesen zertreten - dem Mammon geop-
fert. Und das letzte, was da zählt, ist das Tier-
wohl. Dabei kann das Rechtsgut notwehrfähig
und auch nothilfefähig sein - neuerdings mit
Urteil OLG sogar eine Stufe höher notstandsfä-
hig bei einer rechtswidrigen Handlung im Bezug
auf Tierwohl, die unter Abwägung objektiver
Tatumstände im Einzelfall gerechtfertigt sein
kann.
Nicht einmal vor geschützten Grünanlagen wird
halt gemacht. Bäume, Pflanzen, Wildtiere mög-
gen weichen. Aber wie? Wo da über Nacht ein
Bauzaun herum um den Weiher gestellt und da-
vor ein Vergrämungszaun wieder ein Tag später
direkt am Ufersaum gezogen ist? Für Wildvögel
wie Enten-, Gänse-, Rallen-Eltern mit Küken und
Vögel in der Mauser, die nicht fliegen können, pu-
re Not. Sie schwimmen drei Tage hilflos im Weiher
im Kreis herum. Fressen ist da gar nicht drin, da-
für sorgt, ja, die Stadtpolizei, die just zum Event
ihre Sheriffs herumschickt, damit auch die Kassen
im Ordnungsamt klingen: Jene strafen, die wagen,
den Wildtieren etwas Futter zu geben. Sogar die
Medikation bei bestimmt verletzten Tieren wird
unter Bussgelderteilung versagt. Ob das Verhalten
der Stadtpolizei so rechtsförmig ist? 5 Bühnen [!]
im Umkreis von 250 Metern sorgen derweil "artge-
recht" für Dauerbeschallung mit teils 110 Dezibel
Schalldruck für 12 Stunden am Tag. Na toll. Der
Mensch hat so das ganze Jahr über Spaß: Buden,
Essen, Saufen. Man möchte den Stadtoberen und
der Stadtverwaltung zurufen: Wann hört der Spuk
endlich auf? Oder "rockt da die Verwaltung" ewig
so?
Die Ruhe der Bürger ist den Behörden längst egal.
Die Emissionen, die Wiesbaden ganzjährig seinen
genervten, um Ruhe bangenden Bürgern der Knete
wegen als Lärm zumutet, dabei noch die letzten
Geschäftsinhaber aus den Ladenlokalen der Innen-
stadt vertreibt, werden täglich immer doller. Die
Ursachen für diese Entgleisung sind nun lange satt-
sam bekannt: Der Kapitalismus in seiner Klimax
mit Akzeleration, Digitalisierung, Eventsucht bei
totaler Mobilität der Gesellschaft endet im Kollaps.
Und da sollen nun Wildgänse, die in Eintracht mit
dem Blesshuhn, Eisvogel, Flamingo, Reiher, Komo-
ran, der Graugrans, Kanadagans und der Stockente
leben, ein Problem sein, das zum Abschuss zwingt?
Nilgänse übernehmen oft - ganz wertvoll - sogar
Wächterfunktion gegenüber diesen Arten. Zudem
sind sie ausgezeichnete 'Rasenmäher', die oft die
Maht mit dem Motormäher in der Fläche gleichsam
erübrigen. Was passt da besser in Zeiten knapper
Kassen?
Ihr Sozialverhalten bei fremden Arten ist einmalig.
So hat ein Nilganspaar ein Mandarin-Enten-Küken,
das beide Eltern verloren hatte und stark verletzt
war, adoptiert und über Jahre als 'Dauerbaby' be-
schützt und gehegt und genährt. Ihr Gerechtigkeits-
sinn ist oft legendär. Werte Bürger aus Beirat und
Politik: Gehts noch? Das reicht! Hören Sie doch bitte
jetzt auf, genau gesagt unverzüglich, mit der Biolo-
gie Politik zu machen. Das ging schon bei den Nazis
gründlich in die Hose. Was dabei herauskam, war be-
kanntlich: Braun! Jene hatten ihre Politik mit dem
Begriff der Rasse begründet. Will der Ortsbeirat da
allen Ernstes mittun? Alexandersittich, Halsband-
sittich, Krähe, Nilgans, Waschbär: Warum nur geht
die Natur vor die Hunde? Übergriffe gegen Wildtiere
und Tierschützer häufen sich seit der Berichterstat-
tung in den Medien, die radikal instrumentalisiert
wird. Nicht die Nilgans macht sich immer mehr breit,
sondern der Mensch, der überall Wildtiere vertreibt
und ihnen mit ihrem Naturraum Platz und Nahrung
nimmt. Aggressiver denn je werden Parks und Natur
als Kulisse von Stadt-Events im Wochenturnus miss-
braucht.
Verantwortungslosigkeit durchzieht unsere Gesell-
schaft. Süß wie ein Gift breitet sie sich aus. Jeder
darf alles, soweit es ihm Spaß macht. Und Stalken
ist eine ganz üble Marotte bei Biedermanns. Ja, ein
Fußball, der auf Vogelkot trifft, dort am Spieler ab-
prallt und an dessen Kleidung haftet, ist vielleicht
eklig. Vielleicht. Was wirklich ekelhaft ist, ist eine
Gesellschaft, die Verantwortung scheut. Und dafür
jene Wesen, die keine Stimme haben, zur Verantwor-
tung zieht. Das sind die Tiere, die kein Stimmrecht
ausüben. Sollen die nun also für die Säumnisse und
und Bausünden der Kommunen und Städte büßen?
Nach § 1 BGB sind Tiere nicht Inhaber der Rechts-
fähigkeit. Sie haben keine Rechte, die sie vor Ge-
richt einklagen können. Aber: Sie sind auch nicht
schuldfähig, kein Rechtssubjekt. Tiere sind keine
Sachen, § 90a Satz 1 BGB. Sie werden durch be-
sondere Gesetze geschützt, § 90a Satz 2 BGB. Die
Gesetze sind lex specialis - etwa Tierschutzgesetz,
Naturschutzgesetz, das Umweltschutzgesetz, das
Fischerei- und Jagdrecht. Über alledem steht mit
Art. 20a deren Schutz im Grundgesetz. Damit hat
der Schutz der Tiere den Rang unserer Verfassung.
So muss unter Umständen sogar doppelt gewogen
werden.
Wenn es nicht gelingt, auf dem Planeten Erde mit
den immer stärker bedrohten Wildtieren - gerade
auch im urbanen Stadtraum - in Koexistenz friedlich
zusammen zu leben, wird die Spezies Mensch nicht
bestehen. Trotzdem schadet es nicht, den Diskurs
mit etwas Gelassenheit zu führen. Dabei hilft frei-
lich, die Schönheit und das ausgeprägte Sozialver-
halten dieser wunderbaren Tiere in der Schau zu
entdecken. Die massenhafte Keulung von Tieren,
nur weil sie 'Migranten' sind, ist schon nicht geeig-
net, somit auch nicht erforderlich, und vermutlich
erst recht nicht angemessen im weiteren und auch
nicht im engeren Sinn der Verwaltungshandlung,
sondern vielmehr fraglich, insoweit da ein Verstoß
gegen das Tierschutzgesetz in Verbindung mit Art.
20a GG, aber auch gegen das Jagdrecht im Stadt-
raum und gegen den Denkmalschutz vorliegen könn-
te. Nun ist Recht nicht alles. Wir reden hier über
Lebewesen, Geschöpfe, die eben Teil der Schöpfung
sind. Oder dreht die Politik nun 'geordnet' auf den
Biozid'? Das wäre für den Antragsteller zum Biosphä-
renreservat außer Dienst in der Tat ein ganz fatales
Signal.
Die in Sachen Ausrottung, Vergrämung, Vertreibung
bis hin zur Vernichtung nicht ungeübten Behörden -
in Kommune wie Land - geben tagein, tagaus perfide
traurig ein Beispiel davon. Selbst besonders bedroh-
te Arten der Roten Liste werden da bejagt und "artge-
recht" entsorgt. Allährlich um den 1. Mai herum muss
das Wildkaninchen dran glauben. Hintergrund: Man
mag den Stallgeruch von dem knabbernden Mümmel-
mann nicht zum mondänen Mai-Festspiel. Die Gärtner
machen kein Hehl, was zu tun ist. Ein Landschafter
wirbt am 28. Juli 2022 im Video der Landeshaupt-
stadt mit 1:34' Länge: "Ich hasse Kaninchen. Sie sind
einer unserer größten Feinde. Sie machen Löcher in
die Beete; sie fressen unsere Pflanzen an; und sie be-
schädigen die Wasserleitungen." Hassrede zur Verga-
sung auf der Website der Behörde? Der Kommentar
im Internet lässt Ungutes ahnen. "Heute gibt Land-
schaftsgärtner Sebastian Thomas [...] Einblick in sei-
ne Arbeit [...] bei der Stadt Wiesbaden." Ein Emoji
zeigt einen Kaninchenkopf. Dazu: "Sebastian hasst
Kaninchen."
Die Tiere verenden in der Tat im Turnus elend im Bau.
Ist das Grünflächenamt zuständig? Andere Arten wer-
den als Migranten kurzer Hand und rassistisch der 'Inva-
sion' bezichtigt. 'Invasiv' ist dabei jeweils die Art, die
stört. In Wahrheit ist die angebliche Invasion eine Ein-
schleppung durch den Menschen oder ein Ausweichen
durch stete Verdrängung aus ihrem Lebensraum. Das
dem Militärjargon entlehnte Wort ist allerdings in der
Wissenschaft höchst umstritten. Es suggeriert eine Tä-
ter-Opfer-Umkehrung. Mit Biologie hat das nichts zu
tun. Denn Wildtiere weichen stets dorthin aus, wo sie
[noch] Lebensraum finden. Derart manipuliert werden
Fakten verdreht, Kampagnen zur Vernichtung medial
lanciert, um den Vorwand zu schaffen, der opportun
ist.
Wo ein Lebensraum ist, der für eine Tierart taugt,
das bestimmt in der Regel nicht der Mensch, son-
dern das Tier, das überleben will. Insoweit ist fast
alle Vergrämung obsolet - und bleibt meist vergeb-
lich. Ein Sprichwort besagt: Wer die Natur zum Fen-
ster herauswirft, holt sie sich durch die Tür wieder
herein. Statt also weiter das Steuergeld der Bürger
für an Irrsinn grenzende Maßnahmen zu verpulvern,
die Berater und Behörden am grünen Tisch ersinnen,
sollten jene sich in Demut üben und sparen. Der KZ-
Zaun sperrt den Zugang der Tiere zum Land wie ins
Wasser. Durchschlupf oder Flucht sind so nicht mög-
lich. Elterntiere werden gar von ihren Jungtieren ge-
trennt. Die gebildete AG Wildtiere in Wiesbaden ver-
langt sofort und restlos Entfernung der Todesfallen.
Schon einmal hat das Grünflächenamt Wiesbaden so-
genannte Krötenzäune am Nerotalteich vor Jahren
errichtet, die den letalen Denkfehler hatten, dass
die völlig von der Laichwanderung erschöpften Weib-
chen samt ihrer Männchen auf dem Rücken genau ein
Meter vor dem Ziel hundertfach jämmerlich verende-
ten, weil man sich den Krötentunnel gespart hatte,
der die Tiere unter dem Zaun zum Wasser führt. Die
geschwächten Tiere starben so an Austrocknung vor
dem Krötenzaun, den sie nicht überwinden konnten.
Das Versagen in einer Behörde tat freilich [anderen]
weh. In diesem Fall traf das Los bufo bufo - die Erd-
kröte, die zwar amtlich, aber gleichsam in Massen
vernichtet wurde. "Wiesbaden lebt" - wohl also eher
nicht.
Mitunter wird die Population der Tiere kraft Verdich-
tung erhöht. Beispiel: Die volle 9 Monate und bis in
die Brutzeit währende Baustelle am Schluckbrunnen
trieb viele Gänse zum Warmen Damm, zumal das Was-
ser dort aus dem Weiher im Kurpark komplett entlas-
sen ward. Die Wiesbaden Congress & Marketing GmbH
versprach Beendung der Baumaßnahme bis Ende März
2025, um Beeinträchtigungen für den Artenschutz und
Naturschutz zu vermeiden. Das Ziel wurde leider nicht
erreicht. Durch den dauerhaften Totaltrockenfall des
Weihers im Kurpark kam es zu zahlreihen Todesfällen
und Unfällen bei den Wasservögeln. Dutzende Stock-
enten endeten mit Aufpralltrauma am Bauzaun beim
Anflug, da sie die Zaungitter in der Dämmerung nicht
wahrnahmen. Ein Rotweißband am Oberrohr als End-
losband, in jedem Baubedarf zu haben, hätte das ver-
hindert.
Die Unterkriechhöhe von nur 14 cm im Schnitt [Ø]
machte aus dem absolut lückenlosen Bauzaun um den
Weiher ein Gefängnis, aus dem es kein Entrinnen gab.
Gesunde Tiere konnten durch Flug zwar heraus, nicht
aber hinein zurück, da die Wasserlosigkeit im Weiher
bei dem extrem unebenen Boden zu vielen Bruchlan-
dungen mit allerlei Fußverletzungen bei den Enten,
Gänsen, Rallen führte. Und kranke Tiere - also Ver-
letzte wie Versehrte - konnten weder heraus noch
hinein. Zudem ragten am Bodenrohr unten im Ab-
stand von 10 cm rasiermesserscharf Grade, die alle-
samt nicht entfernt wurden! Nicht nur ein No-Go,
sondern ein Übel an Unterlassung, das einer echten
Aussetzung glich. Auch gab es einen Vergiftungsfall
im Trinkwasser-relevanten Bereich des Rambach-Zu-
flusses nahe dem Boot-Steg mit Schwermetallvergif-
tung, die mutmaßlich durch die Konzentration wäh-
rend des andauernden Wasserentzugs verstärkt wur-
de.
Indes wurden mit billigender Inkaufnahme bis zu 4500
adulte Flusskrebse getötet. Diese erstickten jämmer-
lich im Schlick, was zum Himmel stank und - so oder
so - ein Skandal ist. Dass diese Edelkrebse in Wirklich-
keit nur Signalkrebse gewesen sein sollen, mithin die
"Bösen", die Invasiven eben, ist allerdings nicht wirk-
lich ausgemacht, also bestimmt. Ob nun doch astacus
astacus oder 'nur' astacus pazifastacus sei hier dahin-
gestellt. Man unterscheidet beiderlei Arten leicht an
ihrer Größe und der geteilten Chitinplatte hinter dem
Auge. [Eine Ausstellung wird dieser Frage 2026 nach-
gehen.] Ersterer steht allerdings auf der Roten Liste
besonders bedrohter Arten in der EU und ist streng ge-
schützt. Zuständig für die Baumaßnahme war und ist
das Umweltamt Wiesbaden, das die Bauaufsicht inne-
hat.
So wirkt der Zeitplan glaubhaft manipuliert, als wolle
man jene "Dichte" schaffen, damit man gegen sie vor-
gehen kann. Parallel zeitgleich hat man alle Wasser-
becken in den Reisinger Anlagen geleert. Im Sommer
2024 auch den Vergrämungszaun am Warmen Damm
von der zuständigen Behörde gestellt. Dieser sollte die
Wildgänse vergrämen, was zu großem Unmut bei den
Bürgern führte. Dieser Plan, am grünen Tisch erdacht,
ging nicht auf. Beherzte Bürger mit Zivilcourage, die
das Kükensterben nicht mit ansehen konnten, wurden
der Sabotage bezichtigt. Da gab es keinen Fluchtweg,
nicht einmal für die Jungiere, sodass Unentrinnbarkeit
die unbarmherzlge Folge war. Fressfeinde saßen faul
auf dem Spitzdach vom Ententeichhaus: Den Komoran
und den Reiher hat man so im Juli bis zum Würgen mit
den Küken der Ente, Gans, Ralle gemästet. Bon Appétit
Wiesbaden.
Einer, der sich selbst gern als rational geriert, entlarvt
sich strukturell als Rassist. So tritt ausgerechnet ein Bio-
lehrer vom Humboldt-Gymnasium als Jäger im Gewand
des Tierschützers auf. Der Mann aus Wiesbaden vertritt
mit Verve das Euthanasie-Projekt der Letalvergrämung.
Kotende Wildvögel sollten kurzum abgeknallt oder halt
gegessen werden. Der Namenspatron der Lehranstalt,
Wegbereiter der Aufklärung und des Humanismus, wür-
de sich wohl entsetzt im Grab umdrehen. Oliver Wei-
rich berät eifrig die Jägerlobby und auch die hessische
Landeshauptstadt, indem er sein Ressentiment als Wis-
senschaft ausübt. Damit flog er auf - und aus dem Ver-
band der Ornithologen. Unbeirrt halten Wiesbadens Be-
hörden an ihm seit 2018 fest. Wäre so ein Mietmaul,
das zur Ordnung ruft, denn überhaupt nützlich? Und
wie!
Er ist Vogelschutzbeauftragter des Landes Hessen im
"Ehrenamt", ein Mann fürs Grobe, und biedert sich bei
den Behörden und Jägern als Wildtöter an. Als Hart-
liner, der für Ordnung sorgt? Über das Wohl der Schütz-
linge stellt er deren Wehe, tritt dabei radikal für deren
Tötung durch Abschuss ein. Ziel: Der Tierquäler steigt
geadelt zum Biedermann auf, derweil der Tierfreund
rechtlich verfolgt wird: Da seien drakonische Bußgel-
der bei 'Verstoß' geeignet. Hat der Mann, indem er das
Fernglas des Ornithologen gegen das Zielfernrohr des
Jägers umtauscht, weit über das Ziel hin geschossen,
Stadt und Land bei Wildtierpflege einen Bärendienst
erwiesen? Jedenfalls hat dessen Zaun, der insgeheim
immer Jägerzaun war, das Teichhuhn nicht geschützt,
sondern letzterem den Garaus gemacht. Unser Rat an
den Biolehrer: Ein Auge nur am Rohr ist nicht genug.
Da gilt: Augen auf. Denn mit dem Zweiten sieht man
besser.
Die geschundende Kreatur ist Freiwild überall auf der
Welt. Für manche Beamte, Gärtner, Jäger, Spießer gilt
- Täräh, Täräh, Täräh-Tätäh - Leine los zur fröhlichen
Treibjagd: Warum hetzt Ihr mit geifernden Hunden und
den oft nachstellenden Kindern das natürlich kotende
Wildtier noch in den letzten Meter und Winkel hinein,
bis es dort jählings zusammenbricht? Was das auch im
Kurpark oder in den Reisinger Grünanlagen oder am
Warmen Damm zu suchen hat? Die Tierwürde ist jeder-
zeit antastbar. Da genügt es, den Spaßbürger über das
Tierwohl zu stellen, sogar über das Leben der Gattung
Gans an sich. "Nur mein kleiner 'Scheißer' darf tun, was
immer er will." Ist das schon die Angemessenheit im
engeren Sinn? Gilt die Drittwirkung, also die Strahlkraft
von Art. 20a GG bald als Witz? Die Trumpisten sind der-
weil längst unter uns. Und die Grünen leider nicht mehr
grün. Hilft da nur Beten oder Demut und tiefe Einsicht
wie die einst des Thomas von Aquin? "Deus est anima
brutorum." Almasy zeigt in der Schau Elend und Würde
der Tiere, während Ballen die Mythologie und den Ur-
sprung der Bindung zwischen Mensch und Tierheit be-
äugt. Beide rücken dabei Gänse in den Fokus ihres
Blicks.
Erkenntnis und Interesse sind dabei gewiß nicht rein
zufällig. Das hat zu tun mit der nicht erst seit Konrad
Lorenz, sondern bereits in der Antike bekannten Ähn-
lichkeit im Sozialverhalten beider Arten bei Gans und
Mensch. Während Almasy stets die Aufklärung sucht
und mit seiner Fotografie die Dokumentation im Alltag
als Passant, also en passant festhält, forciert Ballen die
Aussage bis hin zur Exegese eines bestimmten Werkes.
Dabei bleibt sein Werk in der Auslegung stets offen. Das
Rätsel besteht also fort. So zeigt etwa das Werk 'Judge-
ment Day' aus dem Jahr 2003 eine Gans geknebelt und
gefesselt auf dem Opferaltar liegen, wie wir das allen-
falls von den Akten des Japaners Nobuyoshi Araki her
kennen. Der Werktitel, der auf das Jüngste Gericht an-
spielt, sagt uns, dass dies als 'Standgericht' im Augen-
blick, also vorschnell geschieht und auch so vollzogen
wird. Nur die keifende Fratze des Triumphs im Hinter-
grund, tief nach unten zeigende Mundwinkel zeichnen
ein je anderes Bild, das den Hauch von Pogrom ahnen
lässt.
Fazit und keine Frage: Wo "die Verwaltung rockt", da
tobt der Bär zwar, droht aber auch Exekution, Hinrich-
tung eben, da stirbt ein Tier - und mit ihm unsere Bin-
dung an den Uranfang der Geschichte: die Schöpfung.
Ein Werbeslogan wie "Wiesbaden lebt!" klingt da hohl.
So lesen das viele Bewohner der Stadt, die den Um-
gang mit Wildtieren mit Argwohn beäugen. Bei dem
"Theatrium" starben binnen drei Tagen mehr als 20
Küken bei Stockente, Nilgans und Teichhuhn elendig
im dauerhaft strömenden Andrang tobender Massen.
Schonungslos wäre dies Motto passend: "Wiesbaden
stirbt".
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graphs and the artist. Text - Klaus Kleinschmidt | Der
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